BÜCHER
ANTHOLOGIEN
KRIMIS
KINDERBÜCHER
BESONDERE BÜCHER
Nessa Altura,
Dr. med. Ulrike Blatter (Hrsg.)

Diagnose Mord
Buch hier kaufen
Einband: Paperback
Erscheinungsdatum: 10. März 2014
Preis: 12,90 EURO
ISBN: 978-3-944581-01-9



Natürlichkeit ist Trumpf!

Dies gilt nicht nur für Kosmetika und biologisch erzeugte Lebensmittel, sondern auch für Todesfälle. Wird auf dem amtlichen Meldeschein der Leichenschau das Kästchen „natürlicher Todesfall“ angekreuzt, dann geht auch alles seinen natürlichen Gang: Der Tote darf bestattet werden.

Das Kästchen „nicht natürlicher Todesfall“ impliziert für alle Beteiligten jedoch eine Reihe komplizierter und unerfreulicher Folgen: Die Polizei kommt und stellt lästige Fragen, eine eventuelle Obduktion fördert sorgfältig verborgene Hieb- und Stichwunden und Drosselmarken zutage oder gar Schusskanäle in Körperregionen, wo sie der Gesundheit nicht zuträglich sind. Angesichts solcher Befunde werden Ausreden schwierig, im Extremfall kommt es zu bösartigen Anschuldigungen, gar einem Gerichtsverfahren. Ehe und Freundschaften gehen den Bach runter, von der Karriere ganz zu schweigen. Und all diese hässlichen, gesellschaftlichen Kollateralschäden nur deswegen, weil irgendjemand ganz genau hingeschaut hat? Da bietet es sich doch an, ein oder mehrere Augen zuzudrücken, oder?

Das darf doch nicht sein, fragt sich der Leser erschüttert. So etwas gibt es doch nur im Film oder in schlechten Kurzkrimis. Oder kommt das etwa auch in der Realität vor? Die Antwort ist ein entschiedenes: Jein.
Logischerweise liegt die Dunkelziffer bei nicht aufgeklärten Tötungsdelikten im Dunkeln. Seriöse Schätzungen gehen jedoch davon aus, dass es in Deutschland jährlich mehr als 1.200 nicht erkannter Tötungsdelikte gibt. Die Geschichte vom Bestatter, der beim Einsargen ein Messer im Rücken der Leiche entdeckt, ist leider kein Phantasieprodukt, sondern bittere Realität. (…) Solche Erfahrungen führten bereits in den Dreißiger Jahren zur obligatorischen zweiten Leichenschau vor einer Feuerbestattung. Außerdem werden Ärzte mittlerweile in Deutschland besser geschult, was die korrekte Durchführung einer Leichenschau angeht.

Auch tote Menschen sind Patienten. Sie haben Befunde und können viel erzählen. Man muss nur wissen, wie man sie zum Reden bringt.
In unseren Geschichte läuft allerdings fast alles schief. In der Rechtsmedizin gilt das Vier-Augen-Prinzip. Das heißt, man schaut sich gegenseitig auf die Finger. Aber sobald Menschen am Werk sind, menschelt es und es passieren Fehler. Ganz besonders, wenn der Assistent lieber kifft, als seinem Chef auf die Finger zu schauen (…)
Ulrike Blatter: Natürlichkeit ist Trumpf!