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A. Hartmann, C. Puhlfürst (Hrsg.)
Mords-Ferien - Der Sachse lässt das Reisen nicht
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Einband: Paperback
Erscheinungsdatum: 01.November.2013
Preis: 12,90
ISBN: 978-3-98156 04-8-0



Leseprobe zu "Mords-Ferien"

Harald Stiller war ein liebenswerter, gemütlicher und durch und durch ausgeglichener Mann. Er war freundlich, zuvorkommend, nett, fast fünfzig.
Alles schien in bester Ordnung.
Seine Frau hatte endlich zugestimmt, ein neues Auto zu kaufen. Schließlich hatte er sich monatelang redlich bemüht, war ein Musterehemann gewesen, nur noch selten zum Stammtisch gegangen, hatte sich mit den Zigaretten eingeschränkt und sich auch sonst nur von seiner besten Seite gezeigt. Er hatte regelmäßig den Müll hinunter getragen. Das musste sie wohl überzeugt haben.
"Gut", hatte Olivia gesagt. "Ein neues Auto. Wieso eigentlich nicht? Ist ja auch viel sicherer mit so einem Airbag."
Harald hatte euphorisch genickt. Endlich hatte sie es kapiert. Auch wenn es ihm natürlich weniger um Airbags, sondern vielmehr um Hubraum ging. Ja, auch ein stiller, fügsamer Mann wie er hatte noch Wünsche und Träume.
"Aber ich will bei der Wahl des Autos ein Wörtchen mitreden!", hatte Olivia bedrohlich hinzugefügt.
Das war es dann gewesen, das Ende seiner kurzlebigen Illusion von einem neuen Auto, das seinen Wünschen entsprach. Denn Olivia würde nicht nur mitreden, seine Frau würde entscheiden. So war es immer gewesen.
Jetzt fuhr er also mit diesem dämlichen, pinkfarbenen Elefantenrollschuh von einem koreanischen Kleinwagen, dessen Namen er nicht aussprechen konnte, aus der Garage und schämte sich dabei in Grund und Boden. Seine Frau hatte beim Autokauf entschieden. Er wusste, dass die Nachbarn hinter ihren nicht ganz blickdichten Hecken genau auf diesen Moment gewartet hatten und nun grinsten - und allein dafür könnte er jeden einzelnen von ihnen umbringen.
Zu allererst natürlich Olivia.
Er verreiste gern, wirklich. Das läge in der Natur der Sachsen, hieß es. Olivia war keine Sächsin, Harald hatte sie aus Thüringen mitgebracht.
Mitgebracht. Das klang, als wäre es ganz leicht, sie auch einfach wieder zurückzubringen.
Dass dem nicht so war, hatte er inzwischen begriffen, also musste sie eben mit an die Nordsee. Wie jedes Jahr.
Die vierrädrige, pinkfarbene Katastrophe von einem Auto war zu klein, um das Reisegepäck von zwei Personen darin zu verstauen. Haralds Tauchausrüstung musste deswegen zu Hause bleiben, Olivias Schuhsammlung hingegen nicht …
Und schon nach ein paar Metern ging es los mit der Herumkommandiererei.
Jetzt rechts, dann links - als ob er nicht selbst wüsste, welches die angezeigte Richtung war. Er war durchaus in der Lage, sich zu orientieren!
Glücklicherweise ging es dann die Bundesstraße geradeaus, und für eine Weile war Ruhe.
Harald fand das herrlich. Doch kaum näherte er sich der nächsten Kreuzung, begann es aufs Neue.
Besserwisserei, Befehle - er war gezwungen, links abzubiegen, obwohl er das gar nicht wollte. Er hätte sich widersetzen sollen. Aber Widersetzen bedeutete sich durchsetzten und dazu gehörte mehr als das, was in ihm steckte. Oder besser gesagt als das, was er sich zutraute. Er hatte nicht auf die Autobahn gewollt. Die war während der Ferien doch viel zu dicht befahren.
Aber bitte. Warum konnte sie nicht einfach mal die Klappe halten?

Aus "Schnauze!" von Anett Steiner in "Mords-Ferien"